Katholikentag 1884 in Amberg
Anlässlich des Katholikentags 2014 in Regensburg erinnerte der Archivdirektor des Stadtarchivs Amberg Dr. Johannes Laschinger in einem hoch interessanten Vortrag daran, dass die Oberpfalz nicht zum ersten Mal Veranstaltungsort des Katholikentags ist. Am 31. August 1884 wurde der 31. Katholikentag in Amberg eröffnet, der 2.223 Teilnehmer in die damals knapp 15.000 Einwohner zählende Stadt lockte. Getagt wurde im Maltesergebäude und in der Georgskirche, wo der Diskussion um die „Soziale Frage" größte Bedeutung zukam und auch eine ganze Reihe von richtungsweisenden Beschlüssen "über die Arbeiterfrage" gefasst wurden. Ein Höhepunkt war die Prozession auf den Mariahilfberg, mit der mehr als 10.000 Teilnehmer die 250. Wiederkehr der Verbringung des Gnadenbilds dorthin würdigten.
Die Begrüßung zum Vortrag, zu dem die KEB, der Historische Verein und die Pfarrei St. Georg eingeladen hatten, übernahm Hausherr Dekan Markus Brunner. Die 31. General-Versammlung der Katholiken Deutschlands, so die damalige offizielle Bezeichnung, im Jahr 1884 in Amberg wertete der Archivdirektor des Stadtarchivs Amberg Dr. Johannes Laschinger mit Werner Chroback als „Jahrhundertereignis im kirchlichen Leben“ der Stadt, denn diese sei nach dem Katholikentag von 1849 in Regensburg gerade die zweite gewesen, die in der Oberpfalz und im Bistum Regensburg stattgefunden hätte.
Er ließ wissen, dass man aus besten Quellen wie die im Druck erschienenen „Verhandlungen der XXXI. General-Versammlung der Katholiken Deutschlands zu Amberg vom 31. August bis 4. September 1884“ und den beiden Amberger Zeitungen, „Amberger Volks-Zeitung“ und „Amberger Tagblatt“, sehr gut über die Ereignisse im Spätsommer des Jahres 1884 in Amberg informiert sei. Laut Referent hätte sich auf die Ausschreibung von Karl Heinrich Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg in seiner Eigenschaft als „Kommissär der Generalversammlungen der deutschen Katholiken“ Amberg auf Initiative von Stadtdekan und Stadtpfarrer von St. Martin Michael Helmberger als Veranstaltungsort beworben. Der Archivdirektor bestätigte den Mut des Stadtdekans, sich um den Katholikentag zu bewerben, zu dem immerhin 2.223 Teilnehmer in die damals knapp 15.000 Einwohner zählende Stadt kommen sollten. Er ging auf das Wirken von Michael Helmberger als herausragende Pfarrergestalt Ambergs im 19. Jahrhundert ein. Seine Mitstreiter seien der Leiter der Buchhandlung Pustet in Regensburg und der „Amberger Volks- Zeitung“ Joseph Habbel und der Jurist Johann Baptist Walter gewesen. Den endgültigen Zuschlag für den Katholikentag hätte laut Referent Amberg erst erhalten, nachdem sich der Regensburger Bischof Ignatius von Senestréy für die ehemalige Hauptstadt der Oberpfalz stark gemacht und Fürst zu Löwenstein sich ein Bild vor Ort gemacht hatte. Bischof von Senestréy hätte dann neben nur zwei weiteren Bischöfen, dem von Eichstätt, Franz Leopold von Leonrod und dem Salzburger Fürsterzbischof Franz Albert Eder als ranghöchstem Bischof im deutschsprachigen Bereich von den 40 eingeladenen Bischöfen am Katholikentag teilgenommen. Zur Unterbringung der Gäste sowie zum gebührenden Schmuck der Stadt hätten die Amberger enorme Privatinitiative gezeigt, erinnerte Dr. Laschinger. Er berichtete von dem großen Begrüßungsabend in der Turnhalle „am Ende der Georgenstraße und unmittelbar am Neuthor“, nach dem vom 1. bis 4. September im Rahmen des Katholikentags unter dem dafür gewählten Präsidenten Karl Freiherrn von Huene Sitzungen der verschiedenen Ausschüsse und geschlossene Generalversammlungen im Maltesersaal sowie öffentliche Generalversammlungen in der Georgskirche auf dem Programm gestanden hätten. Karl Freiherrn von Huene hätte laut Dr. Laschinger betont: „Die Versammlungen gehen in ihren Berathungen auf alle wichtigen Fragen der Gegenwart ein. Das Verhältniß von Staat und Kirche, die sozialen Fragen, Fragen der Kunst und Wissenschaft, dann all’ die Gebiete, auf welchen sich unsere katholische Vereinsthätigkeit so reich entfaltet.“ Der Archivdirektor ging detailliert auf den Verlauf des Katholikentags ein und hob die politisch eminent bedeutsamen Reden des Juristen und ehemaligen Ministers im Königreich Hannover und absoluten Bismarck-Gegners Ludwig Windthorst hervor, der sich programmatisch mit dem Kulturkampf und der sozialen Frage auseinandersetzte. Am Ende stellte sich für den Referenten die Frage nach den Ergebnissen dieser Großveranstaltung. „Obwohl insgesamt sieben Sektionen bestanden, kam der Diskussion der ‚Sozialen Frage’ in Amberg zentrale Bedeutung zu, wobei in den sozialpolitischen Kommitées eine ganze Reihe von Beschlüssen ‚bezüglich der Fragen über Kapital, Zins und Wucher’, aber auch ‚über die Arbeiterfrage’ gefasst wurden, die richtungweisend werden sollten“, machte Dr. Laschinger bewusst. Er erinnerte an die Gründung von Arbeitervereinen, über die in der Sektion „Vereinswesen, Äußeres, Formalien“ diskutiert worden sei, und an die Anerkennung von Bewahranstalten für Kinder. Die große Bedeutung, die der „Sozialen Frage“ in Amberg zugekommen sei, wäre laut Referent auch an den Namen einiger Teilnehmer abzulesen gewesen. Neben Freiherr zu Löwenstein nannte er den Abgeordneten im Preußischen Landtag und im Reichstag Franz Hitze als einen der entscheidenden Sozialpolitiker der Zentrumspartei, dessen Einsatz wohl der eigentliche Durchbruch einer selbständigen katholischen Arbeiterbewegung auf dem Katholikentag in Amberg zu verdanken sei. In der „Amberger Volks-Zeitung“ vom 6. September 1884 wäre laut Dr. Laschinger im Abschlussbericht zur 31. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands zu lesen gewesen: „Es gehören diese Tage, welche im Verlaufe der Verhandlungen wiederholt die ‚Tage von Amberg’ genannt wurden, zu den glänzendsten und ehrenvollsten Tagen in der Geschichte der Stadt Amberg.“